Es ist schwer drei Wochen auf ein bis zwei Seiten zusammenzufassen, aber am Besten fange ich ersteinmal am Anfang an. Ich freute mich seit gut einem Jahr auf unser Projekt in Balanka. Es ging immer wieder hin und her. Fahre ich mit und sammle viele neue Eindrücke und Erfahrungen oder bleibe ich vielleicht lieber in Potsdam, weil das Geld und der Schulstress mir im Weg stehen? Der Prozess war ein auf und ab und zwischen Waffelverkäufen und Ständen an denen wir immer wieder die kleinen KonoLom Taschen verkauften entschied ich mich letztendlich die einmalige Chance zu ergreifen und mitzufahren.
Nach einigen Treffen mit der Gruppe, um sich kennenzulernen und auf das Abenteuer vorzubereiten, standen wir morgens am 12. Oktober endlich am Flughafen. Auch, wenn wir uns zuvor einige Male getroffen hatten, waren wir nie komplett vollständig gewesen und als die Gruppe schließlich zusammen am Check-In Schalter stand, beginn langsam die Aufregung sich in meinem Bauch bemerkbar zu machen. Der Flug verging schnell und auf einmal sind wir aus dem Flieger gestiegen, aus dem Flugzeuggebäude gegangen und wurden zuerst einmal von der Luftfeuchtigkeit erschlagen. Vor uns stand schon eine große Menschentraube um Koko versammelt und hinter der Traube kam auf einmal ein Trommler, der uns mit seiner Musik bis zum Auto begleitete. Schnell merkten wir leider auch die Aufdringlichkeit der plötzlich mehr gewordenen Trommelspieler und hielten uns so ein bisschen zurück mit dem Tanzen. Am Flughafen trafen wir dann Salem, den Sohn von Koko und die drei Studenten von „Ingenieure ohne Grenzen“. Die Gruppe war fast komplett, da Mekkas zwei Tage später erst nachkam, und wir machten uns erstmal auf den Weg ins Hotel. Wir sahen an diesem Abend Lomé im Dunkeln und ich war, genauso wie an den nächsten Tagen, die wir dort waren, beeindruckt von dem lebendigen Straßenleben. Ich wurde immer gespannter auf Balanka. Am 15. war es dann endlich soweit. Wir verbrachten den tag mit der Fahrt nach Balanka, lernten zum ersten Mal, dass man, wenn man in einem Restaurant essen will, viel Zeit einplanen muss und aßen frisches Obst vom Straßenrand. Es war bereits dunkel als wir endlich in Balanka ankamen. Auf einmal war unser Bus von Kindern; Jugendlichen und Erwachsenen umgeben und ich war überwältigt von diesen krassen neuen Eindrücken, die auf einmal alle gegenwärtig waren. Ich hätte nicht gedacht, dass mich die ersten Eindrücke so überwältigen, doch es viel mir schwer die Tränen zu unterdrücken, die vor lauter Überwältigung plötzlich über mich kamen. Alles in Balanka ist nochmal so anders als in Lomé. Von Anfang an beeindruckte mich die Mentalität der Menschen. Herzlichkeit und eine unglaubliche Gastfreundschaft waren Grund dafür, dass ich mich sofort wohl fühlte im Beisein mit ihnen. Und doch war diese Freude überschattet von noch anderen Dingen. Dingen, bei denen ich immer wieder tief einatmen musste und kurz brauchte um mein Verständnis dafür zu sammeln. Am schlimmsten war die Hygiene. Überall lag Müll, zwischen dem abgemagerte Ziegen und Hühner nach etwas essbaren pickten. Eines Tages sah ich eine Frau, die etwas Müll um einen Bottich herum aufkehrte, ich dachte, das ist doch gut, sie versucht den Müll von der Straße zu entsorgen. Doch schon nach kurzer Zeit hörte sie auf, legte ihren Kehrer weg und ging. Zurück blieb ein voller Bottich mit Müll, für den man keine Entsorgungsstelle in Balanka hat und einige Häufchen von Müll um den Bottich herum gestapelt. Wenig später, als wir zum ersten Mal unseren eigenen Müll (Plastiktüten -und Behälter ebenfalls) verbrannten wurde mir die einzige Möglichkeit auf die Müllentsorgung in Balanka deutlich. Ganz egal, ob wir den Menschen in Balanka sagen, was bei uns in Deutschland mit dem Müll gemacht wird, sie können es gar nicht umsetzen. Immer wieder bemerkte ich dies. Wir können mit vielen Ideen und Vorschlägen kommen, doch so wenig ist im Moment noch umsetzbar und das ist frustrierend. Deswegen ist Bildung so unglaublich wichtig. Die jungen Menschen müssen eine gute Bildung genießen um später Möglichkeiten zu haben etwas zu ändern oder diese Möglichkeiten ersteinmal zu schaffen. Um zu sehen, wie das Bildungssystem in Balanka aussieht waren wir zwei Tage lang zu Besuch in der Schule Balankas. Um ein bisschen das Gefühl von dem Weg zu bekommen, den die Schüler täglich zurück legen müssen, sind wir natürlich gelaufen. An sich war der Weg nicht besonders lang, doch durch die drückende Hitze, die schon früh morgens sehr stark war und die huckelige Straße, fühlte sich die Strecke bis zur Schule wie eine Ewigkeit an. Wir alle hatten unsere große Wasserflasche mit, die, voll wie auch leer, immer großes Interesse weckte. Zu Beginn verstand ich nie warum auch die leeren Flasche für die Kinder und älteren so besonders waren, aber mit der Zeit verstand ich, dass sie als Trinkbehälter für (dreckiges) Wasser und als Spielzeug benutzt wurden. Doch ich schweife ab, worauf ich hinaus will ist, dass ich schon auf dem Weg zur Schule fast die Hälfte meiner Flasche ausgetrunken hatte, weil die Hitze in Verbindung mit dem Weg so anstrengend für mich war. Und immer wieder sah ich die Schüler an mir vorbei laufen und rennen, in der Hand nur allerhöchstens ein kleines Täschchen mit einem Stift und den Schulheften. Den ganzen Tag lernen die Schüler ohne einmal Wasser trinken zu können, sie haben auch kein Pausenbrot wie wir mit und im Gegensatz zu uns ist ihnen ihr einer Stift zum Schreiben heilig. Als wir beim Unterricht dabei waren habe ich viel mit unserem Schultag und dem Unterricht verglichen. Wir haben das riesige Privileg auf Bildung und wir haben die Möglichkeit nach der Schule alles zu machen was wir wollen, wenn wir wirklich dafür arbeiten. Doch bei uns in den Klassenräumen herrscht meist Unkonzentriertheit, Schüler sagen sie haben keine Lust in der Schule zu sein und öfter hört man auch mal von mangelndem Respekt gegenüber Lehrern. In Balanka war das alles ganz anders. Jeder einzelne Schüler wusste welch Privileg es ist zur Schule zu gehen und Bildung zu genießen. Wenn der Lehrer eine Frage stellte streckten alle im Wettrennen ihre Arme in die Höhe, jeder wollte die Aufmerksamkeit mit: „Merci Monsieur“ auf sich lenken. Und das obwohl die Alterspanne der Spüler in der Klasse meist ca. 5 Jahre ist, da viele die Schule füreinige Jahre aussetzen müssen, weil ihre Familie sich das Schulgeld nicht mehr leisten kann. Von diesem Engagement können wir uns noch eine große Scheibe abschneiden. An einem Freitag sind wir auch noch zu der Berufsschule in Sokodé gefahren, um Tipps und Anregungen für die geplante Berufsschule in Balanka zu sammeln. Die fast ausschließliche Selbstversorgung der Schüler dort, die meist auch dort wohnen, und das damit verbundene Lernen über Landwirtschaft, fand ich ein sehr gutes Konzept. Meinen Fokus wollte ich in diesem Bericht auf die Schule legen, da ich selber noch Schüler bin und mich so in viele Situationen versucht habe hineinzuversetzen und auch oft Vergleiche gezogen habe. Doch auch so viele andere Dinge haben mich bewegt in unserer Zeit in Balanka und ein paar Seiten dafür wären nicht genug. Wir haben uns die Krankenstation angeschaut und waren schockiert von der medizinischen Versorgung und dem grausamen Zustand des Gebäudes. Wir haben ein Gebäude neben der Krankenstation leergeräumt und renoviert und fanden viele verwahrloste medizinische Dinge, die noch zu gebrauchen waren, aber einfach in dem Haus verstaut worden sind und dann verstaubten. Wir hatten stets die Hilfe von Frauen und Männern und auch Kindern aus dem Dorf und haben gemeinsam eine farbenfrohe Übergangs Krankenstation geschaffen, damit das morsche Dach der Krankenstation endlich renoviert werden kann. Wir hatten außerdem wieder Angst, dass das Gebäude schnell wieder verwahrlost wird. Am Ende war das eigentlich das schwerste, das Gefühl nichts bleibendes geschaffen zu haben, die Angst, dass das was wir gemacht haben, die kleine Veränderung die wir versucht haben zu schaffen, schon bald wieder zum Alten wird. Weil wir immer wieder nach Balanka fahren können und Dinge bauen können und versuchen können sie zu verändern (und ich würde es auch immer wieder machen), aber was wir nicht können ist das Denken in den Köpfen der Menschen zu ändern. Dabei ist das doch das wichtigste für eine langfristige Lösung. Und trotz frustrierenden Momenten gab es auch viele schöne Momente, Momente an die ich mich noch gerne zurück erinnere. Menschen an die ich mich noch gerne und häufig zurück erinnere. Ich bin unglaublich dankbar für diese Erfahrung und würde es jedem jederzeit empfehlen. Mantema Balanka. ! -Lena Lehmphul